Efeubesucher Teil 2: Schwebfliegen
Seit ich im Januar dieses Jahres beim Flora-Fauna-Tag der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet den Schwebfliegen-Vortrag von Julian Enß gesehen habe, nahm ich mir vor, im Feld auch vermehrt auf Schwebfliegen zu achten und diese auch zu fotografieren und tatsächlich ist da im Laufe des Jahres schon einiges zusammengekommen.Auch bei meinen Efeubesucher-Erfassungen im September und Oktober 2024 waren einige Schwebfliegen dabei, allerdings durchweg eher häufige Arten, die den meisten aber dennoch unbekannt sein dürften, weshalb ich sie hier vorstellen möchte.Um diesen Bericht schreiben zu können, habe ich mich dann etwas tiefer in die Biologie und Bestimmung der Schwebfliegen eingearbeitet. Da letztere aber auch mithilfe des von Julian Enß empfohlenen Bestimmungsbuches [Hoverflies of Britain an West-Europe“ von Sander Bot und Frank Van de Meutter](https://www.bloomsbury.com/uk/hoverflies-of-britain-and-northwest-europe-9781399402477/) nicht so einfach ist, zog ich auch die Identifizierungs-KI von observation.org heran. Somit hoffe ich, dass ich hier als Schwebfliegenlaie keinen Unfug verbreite.Ich habe z.B. erfahren, dass Schwebfliegen, obwohl sie sich als adulte Tiere fast alle an Blüten verköstigen und deshalb auch gute Bestäuber sind, sehr unterschiedliche Strategien bei der Entwicklung der Larven verfolgen und im Larvenstadium auch sehr unterschiedliche Nahrung zu sich nehmen.
Eine ganze Reihe, der am Efeu beobachteten Arten entwickeln sich als mit einem Atemrohr ausgestattete Rattenschwanzlarven in teilweise heftig verschmutztem Wasser. Deshalb hat eine Gruppe der Schwebfliegen auch den deutschen Namen Mistbiene. Sie entwickeln sich nämlich nicht nur sogar in Misthaufenpfützen sondern ahmen als erwachsene Tiere die Honigbiene nach. Dieses Mimikry genannte Nachahmen wehrhafter Tiere durch wehrlose scheint auch bei einigen Menschen so gut zu funktionieren, dass vor kurzem sogar auf dem Titelbild eines Wildbienenbüchleins eine Mistbiene der Gattung Eristalis als Biene abgebildet wurde.
Mistbiene, WeibchenDie Arten der Gattung Eristalis werden auch weniger unfreundlich Keilfleck-Schwebfliegen genannt. Die „Mistbiene“ schlechthin ist Eristalis tenax, eine große, kräftig gebaute Art, die sich wie viele Arten der Schwebfliegen in den Geschlechtern deutlich unterscheidet. Neben der bei fast allen Schwebfliegen unterschiedlichen Augenstellung (aneinanderstoßend bei Männchen, deutlich voneinander getrennt bei Weibchen) gibt es bei den Eristalis auch verschiedene Zeichnungsmuster und Färbungen. Eristalis tenax-Männchen besitzen ausgedehntere orange Flächen auf dem Hinterleib als die Weibchen und die anderen Arten der Gattung.
Mistbiene, MännchenÄhnlich gezeichnet und ebenso groß ist die gleichfalls häufige Wald-Mistbiene/Keilfleckschwebfliege Eristalis pertinax.
Eristalis pertinax, Wald-Keilfleckschwebfliege-wEtwas kleiner ist die Mittlere Keilfeckschwebfliege Eristalis nemorum
Eristalis nemorum, Mittlere Keilfleckschwebfliege
und die deutlich kleinwüchsigere Eristalis arbustorum (Kleine Keilfleckschwebfliege), bei der außerdem die hellen Querstriche auf dem Hinterleib besonders deutlich sind.
Eristalis arbustorm, Kleine KeilfleckschwebfliegeDie Eristalis-Arten waren meistens die häufigsten Schwebfliegen am Efeu. Das ging sogar so weit, dass Ende Oktober an einem großen Efeubestand in Dorsten-Altendorf, der direkt an einer Straße liegt, mehr als hundert der an diesem Tag auf den Efeublüten- und blättern anzutreffenden „Mistbienen“ jedes Mal als Wolke aufstiegen und dabei ordentlich summten, wenn ein Auto vorbeifuhr.
Syritta pipiens, Kleine Mistbiene, AufsichtKleine Mistbiene wird eine schmale zierliche Art mit Rattenschwanzlarven genannt, die nur selten und kurzzeitig sitzend anzutreffen ist und meistens hektisch umherfliegt. Syritta pipiens fällt bei genauer Betrachtung durch verbreiterte Schenkel der Hinterbeine auf und ist deshalb recht gut zu erkennen.
Syritta pipiens, Kleine MistbieneZwei weitere Rattenschanzlarven besitzende Arten sind wesentlich farbenprächtiger und erreichen auch wieder Körpergröße und -Form der Keilfleckschwebfliegen. Beide sind gelb-schwarz gemustert. Bei der einen (Gemeine Sumpfschwebfliege, Helophilus pendulus) fällt die kontrastreiche Hell-Dunkel-Streifung auf dem Rücken auf.
Helophilus pendulus, Paarung
Die andere ist ebenfalls gut an dem Muster auf dem Rücken zu erkennen, das ihr im deutschen Sprachraum den Namen Totenkopf-Schwebfliege eingebracht hat. Im Englischen bezeichnet man sie wegen des Musters als Batman-Fly. Von Myothropa florea gibt es bei uns keine Verwandten, mit denen sie verwechselt werden kann, aus der Gattung Helophilus sind aber noch weitere mit der Art pendula verwechselbare Spezies bei uns heimisch. Myotropa florea, Totenkopf-SchwebfliegeEbenso wie bei der Totenkopfschwebfliege existiert auch bei der nächsten Art, der wohl bekanntesten, da am häufigsten zu beobachtenden Schwebfliege, der Hainschwebfliege (Episyrphus balteatus) bei uns nur eine bekannte Art in der Gattung. Sie gehört zu den Arten, die sich im Larvenstadium von Blättläusen, zur Not auch von Blattwespenlarven ernährt und ebenso wie die Mistbiene auch als erwachsenes Tier überwintert, weshalb beide Art sowohl noch sehr spät als auch wieder sehr früh im Jahr zu beobachten sind. Episyrphus balteatus, Hain-SchwebfliegeWeitere blattlausfressende Larven gibt es bei in der Gattung Syrphus, deren Arten auch an Fotos nur schwer voneinander unterschieden werden können. Sie besitzen eine einfarbig dunkle, oft glänzende Rückenpartie und einen gelb-schwarz gemusterten Hinterleib und erreichen zwar nicht die Größe und Breite der Keilfleckschwebfliegen sind aber dennoch recht robust gebaut. Syrphus spec., SchwebfliegeGeradezu zerbrechlich wirken dagegen die viel zierlicheren beiden weiteren allerdings jeweils nur in einem Exemplar am Efeu beobachteten Arten, deren Larven Blattlausfresser sind (Melanostoma scalare-Matte Schwarzkof-Schwebfliege und Meliscaeva auricollis-kein deutscher Name, wird im Englischen Spotted Thintail -Gefleckter Dünnschwanz- genannt). Melanostoma scalare, Matte Schwarzkopfschwebfliege Meliscaeva auricollis, Spotted ThintailDen kompletten Kontrast dazu bildet die größte, auch vereinzelt am Efeu zu beobachtende heimische Schwebfliege (Hornissen-Schwebfliege, Volucella zonaria), die in Größe und Zeichnungsmuster unseren heimischen Hornissen sehr ähnelt. Ihre Larven entwickeln sich sogar in Hornissennestern (oder in denen von Wespen und Hummel), wo sie aber keinen Schaden anrichten, da sie nur tote oder sterbende Larven und Abfall fressen und daher eher die Aufgabe einer Gesundheitspolizei übernehmen. Trotzdem müssen die Larven aber, um dort nicht angegriffen zu werden, entsprechende Schutzstrategien entwickelt haben. Sie besitzen einen Geruch, der sie nicht als Fremdlinge erkennen lässt. Außerdem sollen sie z.B. mit Erdpartikeln ihre hellen Körperstellen bedecken. Hornissen-Schwebfliege, Volucella zonariaEine ebenfalls ungewöhnliche Nahrungsquelle haben die Larven einer wiederum sehr kleinen unscheinbaren Art, Eumerus spec., die sich, wie der deutsche Name Zwiebelschwebfliege schon sagt, von Pflanzenzwiebeln ernährt, wie es die bekannteren farbigen Narzissenfliegen auch tun. Zwiebelschwebfliege, Eumerus spec.Zum Abschluss noch zu einer Art, die ich vor den Recherchen zu diesem Bericht auf keinen Fall für eine Schwebfliege gehalten hätte. Sie ist niemals schwebend zu beobachten, sondern läuft ständig über die Blätter, hier des Efeus, weshalb ich den englischen Begriff für diese Artengruppe (Leafwalker=Blattläufer) sehr treffend finde. Xylota segnis, Gemeine Langbauchschwebfliege, BlattläuferOft verharrt Xylota segnis (Gemeine Langbauchschwebfliege) längere Zeit, hoch auf ihren Beinen stehend an einer Stelle. Dieses Verhalten erinnert stark an manche kleinen Wespenarten, die auf Beutesuche sind. Bei diesem Blattlaufen nehmen die Xylota Nahrung in Form von auf die Blätter gefallenen Pollenkörnern auf. Die Larven ernähren sich saprophag, das bedeutet von sich zersetzenden organischen Resten und entwickeln sich unter der „Rinde von morschen Baumstämmen, an Stellen von ausfließendem Baumsaft, an verrottendem Sägemehl sowie an sich zersetzendem Gemüse“ Wikipedia: Xylota segnis.
Xylota segnis, Gemeine Langbauchschwebfliege, Ausicht